„Kontakte“, Oktober 1978
Beitrag zu den Katalogen „R. Hanke“, 1979 und „R. Hanke – mehrschichtig“, 1980
Der nächste Markstein in meiner Arbeit wird bezeichnet durch eine farbige Arbeit. In endloser Reihe auf zwei Blättern in immer gleichbleibender Größe und mit gleichem Abstand steht wie lange, scharfe Zähne ein Zaun von Kontaktfühlern. In sich gehalten die Senkrechte durch waagerechte Stege, unverrückbar und starr. Nach unten setzt er sich fort in einer Schaltplatte. Nur die verschlungenen Wege der Schaltungen sind zu sehen, in gleicher steriler senkrecht-waagerechter Ordnung. Die „Technik“, die eigentlichen Steuermachanismen, bleiben auf der Rückseite verborgen. Durch die Verdoppelung der Schaltungen untereinander, die Wiederholung des Querstegs, wird diese Technik monumentalisiert. Durch die zwei Platten nebeneinander wird der alte Diptychoncharakter nivelliert, Nebeinanderliegendes wird gleichgeschaltet, Gegensätzliches aufgehoben, Ursache und Wirkung verschmelzen, die Technik steht als Absolutes und Beherrschendes.
Durch die Überlänge der Stäbe und ihre steril gleichbleibende senkrechte Anordnung wird die Assoziationsrichtung des Betrachters umgeleitet. Es sind nicht mehr allein Kontaktfühler, die ihm entgegenstehen, er fühlt sich an Bekannteres mit ähnlicher Form erinnert. Die ferne Technik wird zum nahen Zaun. Er kann sich dadurch gleichzeitig behütet und ausgesperrt von etwas fühlen. Waren es in den früheren Arbeiten die Gegenstände, die dieses „etwas“ klärten, später dann eine Verdichtung der Grautöne, so übernimmt jetzt die Farbe allein durch ihre assoziative Wirkung die Verdeutlichung von gegenständlich Unausgesprochenem. Der Hintergrund-Himmel dieser Arbeit ist unnatürlich maschinenrosa. Sterilisierter Hautton. Klinisch abgetötet und konserviert. Stattdessen erscheinen die Kontaktfühler in belebten Blautönen, mit Grau und Weiß. Die Abschattierungen werden zu zerrissenen Wolken oder Spiegelungen davon auf Metall. Kühle Ferne-Nähe, Stahl-Himmel. Der zwiespältige Eindruck wird dadurch hervorgerufen, daß der rosa Himmel neben den Stäben in den Vordergrund tritt – die Kontakte erscheinen als Durchblicke, der Stahl wird zum Himmel, in sich zerrissen. An den Überschneidungspunkten der Senkrechten mit den Waagerechten tritt stattdessen das Rosa zurück, wird branstiger Himmel. Für den Betrachter rückt dieser unwirkliche, mit gegebenen Erfahrungsklischees nicht zu vereinbarende Eindruck in den Bereich der Wirklichkeit durch die Schalttafeln darunter – bekannte Brauntöne vorgestanzter Tafeln – stumpf, schwer, erdig. Darauf gelötet wieder das transzendente Metall der Schaltwege, in differenzierter Kühle, durch die Überschneidungen und Kanten jedoch immer aufliegend. An der Schnittkante der Tafeln zu den Fühlern ragen diese in die Schaltplatte hinein. Der Übergang von zwei Bereichen der real gewordenen Irrationalität ist für den Betrachter gegeben. Im Bereich der Steuermechanismen entziehen sich die klaren, eindeutig geklärten Formen der logischen Erkenntnis – da Entscheidendes verborgen bleibt. Im Bereich der Kontakte, in dem sich Technik dem Menschen äußert, wird der Zwiespalt nur empfunden. Zusätzlich zu den in den anderen Arbeiten schon besprochenen Mechanismen von Form und Komposition übernimmt hier die Farbe eindeutig zwei Aufgaben: erstens ist sie in der Laqe, durch ihre eindeutig räumliche Wirkung den zwiegespaltenen Eindruck einzelner Teile oder ihrer Verbindung zu verdeutlichen, den ich vorher durch unterschiedliche Blätter oder Ebenen, vor- und Nebeneinander angeordnet, erreichen mußte; zweitens vermag sie durch ihre assoziativen Wirkungen Inhalte spürbar zu machen, die jenseits der logischen Erfaßbarkeit sichtbar werden. Diese Ansätze habe ich in den folgenden farbigen Blättern dann weiterentwickelt.